Aftermath : Nachwirkungen, heißt ein Bildband des Fotografen Jörn Vanhöfen, der im Rahmen der diesjährigen Fototrienale RAY 2015 in den Opelvillen mit Arbeiten vertreten ist.
Es sind, so versichert Vanhöfen im Nachwort zu Aftermath, die Nachwirkungen des „Glaubens an permanente Wachstumsmöglichkeiten mit ihren schier endlosen Profiten“, die er in seinen Bildern festzuhalten versucht. Gleichwohl und einigermaßen überraschend ist in Vanhöfens Fotografien nicht der Mensch, der grenzenlos nach Profit und Bedürfnisbefriedigung strebt, der Akteur.
Denn auf seinen Bildern, die Müllberge, Schrottplätze, Schiffs- oder Autowracks, verfallende oder nie zu Ende gebaute Gebäude und Brücken oder zerstörte Landschaften zeigen, ist dieser nur selten und nur zeichenhaft auszumachen: etwa in Graffitis oder in Kleidungsstücken, die vereinzelt auf Wäscheleinen zu sehen sind. Der distanzierte Blick Vanhöfens auf frontale Stadtansichten und Dachlandschaften eliminiert den Menschen aus dem Bildraum und der in ihm dargestellten Welt.
Der wahre Akteur und heimliche Held in Vanhöfens Bilder ist hingegen die Natur, die sich einverleibt, was der Mensch, der nicht mehr präsent ist, aufgebaut und erschaffen hat. Die Fotografie Spanien # 33, die den Bildband Aftermath eröffnet, formuliert inhaltlich und formal dieses Programm, dem Vanhöfen im weiteren Verlauf folgt.
Das 2003 entstandene Bild zeigt das Kreuzfahrtschiff American Star, das 1994 in einem heftigen Wintersturm vor Fuerteventura strandete. Das Heck des einstigen Luxusliners ist von der Mitte an weggerissen, wodurch die Bruchstelle der Stahlkonstruktion die Formen der zerklüfteten Felsen, die im Bildvordergrund aus dem Meer aufragen, nachbildet. Und die verblichenen Farben von Schiffsrumpf und -aufbau wiederholen die Pastelltöne des Meeres und des Abendhimmels. Das Bild wird so zum Sinnbild der Vergeblichkeit menschlichen Strebens und Rationalität.
Bilder wie Namibia # 36, Alexander Bay # 467, Chemnitz # 529 oder NSA Field Station Berlin # 1031 führen dieses Verfahren der tonalen Aneignung fort.
Die Szene, die Spanien # 33 zeigt, ist so heute nicht mehr zu sehen. Das Wrack, das sich mit der Zeit immer tiefer in den Sand schob, ging 2007 endgültig unter.