Photoshop unboxed

Bereits 2013 kam es im Zusammenhang mit der Verleihung des Word Press Photo Award zu einem Eklat. Dem Preisträger Paul Hansen wurde vorgeworfen, er habe sein Siegerfoto, das eine Gruppe von Männern zeigt, die ihre toten Kinder in Gaza durch eine Häuserschlucht tragen, manipuliert.

In diesem Jahr wurden die Finalteilnehmer erstmalig aufgefordert, die RAW-Dateien mit einzusenden. Mit dem Ergebnis, dass die Jury, wie die Süddeutsche Zeitung jüngst berichtete, 20 Prozent der Einsendungen disqualifizierte.

Die hohe Zahl an disqualifizierten Aufnahmen kommt zum einen dadurch zustande, dass die Statuten und Teilnahmebedingungen des Wettbewerbs keine einheitlichen Standards formulieren. Die bisherige Festlegung, dass die Bearbeitung die Aussage des Bildes allenfalls unterstützen darf, ist allemal untauglich, da sie den Möglichkeiten aktueller Manipulationssoftware wie Photoshop hinterher hinkt.

Das größere Problem aber ist die offenkundig zunehmende Bereitschaft von Fotografen, Bilder in immer größerem Umfang zu verändern. Fotos sind zu Wegwerfprodukten geworden, deren Verfallszeiten immer kürzer werden. Und weil es mehr und mehr Bilder gibt, will jedes die anderen in der Wahrnehmung übertrumpfen.

Elektronische Bildbearbeitung verändert daher nicht nur, wie die Süddeutsche Zeitung anlässlich des 25-jährigen Bestehens von Photoshop schreibt, unsere Wahrnehmung. Sie verändert vor allem die Bereitschaft zur Manipulation. Nach Walter Benjamin führt die technische Reproduzierbarkeit zum Verlust der Aura dessen, was im Abbild hunderttausendfach wiederholt wird. Die softwaregestützte Manipulation wirkt auf die Akteure der Reproduktion selbst zurück. Nach der Einmaligkeit und Integrität des Kunstwerks geht die Integrität des Fotografen verloren.