Gegen den Apparat spielen

„Seile Fluss Nacht“ heißt ein Bildband der schweizerischen Fotografin Simone Kappeler. Betrachtet man die Bilder, die zwischen 1964 und 2001 entstanden sind, fällt die Vielfalt der verwendeten Film- Kamera- und Drucktechniken auf. Der Anhang des Bildbandes listet etwa mehr als zwei Dutzend Kameratypen, wobei das Spektrum von nachgerade mythischen Fotoapparaten wie der Leica II oder der Hasselblad bis zu Wegwerfmodellen wie der Lomo-Kamera Diana reicht. Nicht minder überraschend sind die Bilder, die mit den verwendeten Fotoapparaten und Filmmaterial über einen Zeitraum von fast vierzig Jahren entstanden. Die Palette reicht von perfekt ausbelichteten und scharfen Bildern zu Bildern in Fehlfarben und rätselhaft anmutenden Farbverschiebungen oder unscharfen Aufnahmen, ohne dass eine Parteinahme für eines der Aufnahmeverfahren erkennbar wäre.
 

 
Vilém Flusser schreibt am Ende von „für eine philosophie der fotografie“: „Erstens, man kann den Apparat in seiner Sturheit überlisten. Zweitens, man kann in sein Programm menschliche Absichten hineinschmuggeln, die nicht in ihm vorgesehen sind. Drittens, man kann den Apparat zwingen, Unvorhergesehenes, Unwahrscheinliches, Informatives zu erzeugen. Viertens, man kann den Apparat und seine Erzeugnisse verachten und das Interesse vom Ding überhaupt abwenden, um es auf Information zu konzentrieren. Kurz: Freiheit ist die Strategie, Zufall und Notwendigkeit der menschlichen Absicht zu unterwerfen. Freiheit ist, gegen den Apparat zu spielen.“

Indem Simone Kappeler in ihrem Fotografieren aus dem Gewohnten in immer neuen Anläufen das Nochnichtgesehene und Überraschende hervorbringt, realisiert sie programmatisch dieses Spiel gegen den Apparat.