Das Museum konserviert Kunst. Was aber konserviert die Fotografie?
Die großformatigen Fotografien von Andreas Gursky und Jeff Wall, die zurzeit in der Kestner-Gesellschaft in Hannover zu sehen sind, beantworten diese Frage auf je eigene Weise.
Andreas Gursky geht bei seinen Fotografien von konkreten Erfahrungen aus. Seine monumentalen Bilder aber sind keine Abbilder der Wirklichkeit. Indem er seine Fotografien digital aus vielen Einzelbildern konstruiert, erschafft er vielmehr eine künstliche Wirklichkeit, die über die Stellung des Menschen in der Welt Auskunft gibt. In Bildern wie wie Nha Trang (2004), F1 Boxenstopp I (2007) oder V&R (2011) verschwindet der Mensch in den Ordnungen, die ihm die unterschiedlichen Arbeitswelten vorgeben. Besonders beeindruckend ist dies in Hamm, Bergwerk Ost (2008) zu beobachten, wo über den Köpfen der Bergmänner, die ganz klein nur noch am unteren Bildrand auszumachen sind, die Kleiderkörbe in eine nicht enden wollende Höhe reichen. Wenn in Gurkys Bildern Einzelfiguren zu sehen sind, dann sind es ironischerweise keine realen Menschen, sondern, wie in SH I oder SH IV, Marvel-Comichelden wie Spiderman oder Iron Man, die in künstliche, zuweilen kitschig-unwirkliche Landschaftskulissen versetzt sind.
Jeff Walls Bilder kommen als Schnappschüsse des Alltäglichen daher. Tatsächlich aber sind sie minutiös komponiert und bis ins Detail inszeniert. Kraft dieser Inszenierung kommt den vermeintlich unspektakulären Szenen von Passanten auf der Straße, von einem Paar, das zusammen Pommes Frites aus einer Tüte isst, oder von zwei Männern, die einen Motorblock tragen, eine gleichsam übergeordnete Bedeutsamkeit zu. Die Anziehungskraft von Walls Fotografien wird dabei zudem dadurch verstärkt, dass er seine Figuren so darstellt, als würden sie sich gerade nicht einem Betrachter darbieten und wären für ihn unerreichbar.
andreas gursky | neo rauch | jeff wall: Noch bis zum 26. Oktober 2014 zu sehen in der Kerstnergesellschaft in Hannover.