175 Jahre Fotografie

Vor 175 Jahren erfand Henry Fox Talbot das Negativ-Positiv-Verfahren. Seine Erfindung gilt als Geburtsstunde der Fotografie.

Im Sommer 1835 entwickelte Henry Fox Talbot ein chemisches Verfahren, mit dem es möglich wurde, Papierbeschichtungen zu entwickeln, die zur Verwendung in einer Kamera geeignet waren. Er erkannte dabei, dass man mit diesem Verfahren auch Negative erhielt, die wieder beliebig oft auf ein lichtempfindliches Papier kopiert werden konnten. Ein Ergebnis seiner Experimente gilt als das früheste erhaltene Papiernegativ. Die kleine Aufnahme, nur wenige Zentimeter große Aufnahme zeigt ein Erkerfenster auf seinem Anwesen Lacock Abbey.

Das Fenster ist aber auch Gegenstand zweier weiterer frühen Fotografien.

Bereits 1827 hatte Nicéphore Nièpce auf seinem Landgut Le Gras in Saint-Loup-de-Varennes eine Heliographie erstellt, die den Ausblick aus dem Fenster seines Arbeitszimmers zeigt. Und auch eine frühe Aufnahme von Louis Daguerre, der sich das von ihm entwickelte Positiv-Verfahren unter seinem Namen patentieren ließ, zeigt einen Blick aus einem Fenster: Boulevard du Temple wurde 1838 vom Fenster seines Arbeitszimmers aus aufgenommen. Daguerres Aufnahme gilt zugleich als die älteste Fotografie, auf dem Menschen abgebildet sind. Da die erforderlichen Belichtungszeiten zu diesem Zeitpunkt noch sehr lang waren, nimmt man an, dass der Schuhputzer und sein Kunde, die im Vordergrund links zu sehen sind, absichtlich dort platziert wurden.

Die frühen Aufnahmen von Nièpce, Talbot und Daguerre bilden aber nicht nur Fenster und Fensterblicke ab. Indem sie den Blick durch ein Fenster zeigen, verdoppeln sie auch das Prinzip der Kamera, die historisch aus der Camera Obscura und ihrer strengen Geometrie der Zentralperspektive hervorging. Denn auch die Apparatur selbst bedient sich eines kleinen Fensters, durch das während einer genau bemessenen Zeit Licht auf eine empfindliche Schicht fällt, wodurch ein fotografisches Bild entsteht

Dass die Fotografie dem Fenster als Sujet unter wechselnden Gesichtspunkten und Fragestellungen bis heute treu blieb, dies zeigt auch die kleine, aber sehenswerte Ausstellung Landschaft im Decolleté, die zurzeit in den Opelvillen Rüsselsheim zu sehen ist.